Himmelfahrtskommando *)

Hochdeutsche Fassung   → Pfälzische Urfassung

Von Albert H. Keil
als St. Petrus mit Kutte und Schlüssel

Es schellt bei mir am Himmelstor,
Drei jüngre Männer stehn davor.
Ich sage: „Es ist nicht zu fassen –
Ich darf nicht einfach rein euch lassen!
Zuvörderst muss von euch ich wissen,
Warum ihr schon habt sterben müssen!“

Da kratzt der Erste sich am Kopf:
„Ich bin der allerdümmste Tropf!
Voll Eifersucht hab ich vermut’,
Die Emma sei mir nicht mehr gut
Und tät’s – wie soll ich es beschreiben? –
Mit einem Nachbar von uns treiben.

Schon lange hegte ich Verdacht,
Hab meiner Frau ‘nen Kopf gemacht:
«Wenn ich dir wirklich nicht mehr pass’,
Dann sei nicht still und sag halt was!
Denn sollt’ ich die Geduld verlieren,
Würd’ ich dei’m Kerl das Maul polieren!»

Wie heut ich heimkomm, wird mir klar,
Dass er noch eben bei ihr war.
Ich frage, doch sie macht ‘ne Schnut.
Ich heb die Hand und schrei vor Wut:
«Was tun zwei Gläser da mit Wein?»
Sie rennt ins Bad und schließt sich ein.

Die Wohnung hab ich abgesucht
Und gotteslästerlich geflucht.
Vor lauter Zorn kann kaum ich denken,
Da seh ich was vorm Fenster henken:
Vier Finger einer rechten Hand
Gekrallt an unsre Fensterkant’!

Mit meinem Schuh hau fest ich drauf.
Er brüllt «Idiot!», dann gibt er auf. –
Dort unten liegt er... Aber jetzt:
Der rührt sich noch, ist nur verletzt!
Mich packt grad noch einmal die Rage:
Dich mach ich fertig nun, du Arsch!

 

Deswegen rück ich mit viel Müh’n
Den Kleiderschrank ans Fenster hin.
Ich wucht’ ihn hoch, hab noch gedacht:
Dein Kreuz hat fürchterlich gekracht!
Und wie er aus dem Fenster fliegt,
Da hab ich den Infarkt gekriegt...“

Der Zweite meint: „Von Currywurst
Bekam ich vorhin heftig Durst.
Wie ich mit Wein beim Löschen bin,
Kommt mir mein Blümchen in den Sinn:
Kein Schatten auf der Fensterbank –
Rasch hol ich Wasser, sonst wird’s krank.

Ich stell mich aber an zu blöd
Und purzel übers Fensterbrett!
«Adieu, du Welt, das war’s!», denk ich,
Doch weiter unten fang ich mich,
Halt knapp mich mit der einen Hand
Und baumle vor der Außenwand.

Gleich kommt auch einer angewetzt,
Gottlob, das ist die Rettung jetzt!
Da zieht der Kerl den Schlappen aus,
Schlägt auf die Hand, macht Pürree draus!
Ein Schrei – die Finger geben nach,
Schon lieg ich auf der Straße flach.“

„Dann warst du tot wie eine Maus?“,
Frag ich, brech fast in Tränen aus.
„Nein, doch es hatte mich als Ziel
Der Schrank, der dann herunterfiel.
Der ist grad auf mich draufgekracht
Und hat mich völlig plattgemacht!“

Der Dritte sagt: „Mein Kopf ist leer,
Ich kann nicht viel erzählen mehr.
Bestimmt hast du gehört das Knallen,
Als aus dem Fenster ich gefallen.
Von meiner Nachbarin gelockt
Hab nämlich ich im Schrank gehockt!“

 



Keil als St. Petrus
(Foto: Lutz Heck)

*) © 2003 by Verlag PfalzMundArt, Dirmstein